Die Anderen

August 1, 2013

Wir haben eine amtierende Regierung, die für uns die politischen Geschäfte führen soll. Diese Regierung bezeichnet sich selbst (bitte nicht lachen) allen Ernstes als die beste Regierung nach der Wiedervereinigung.

Es ist ein immer wiederkehrendes Muster, dass, wenn die Regierung im Wahlkampf und auch sonst angegriffen und auf ihre schlechte Performance angesprochen wird, von ihr und ihren Gefolgsleuten darauf verwiesen wird, dass die Probleme bereits vorher bestanden und entstanden sind, und dass „die Anderen“ daran ebenfalls beteiligt waren und letztendlich Schuld haben.

Erstes Beispiel: Die EuroHawk-Affäre

In diesem Zusammenhang haben der Selbstverteidigungsminister de Maiziere und seine Anhänger wiederholt darauf verwiesen, dass das Projekt bereits zu Zeiten von Rot-Grün beschlossen worden sei und damit schon zu dieser Zeit den Keim des Scheiterns in sich getragen habe.

Allein: Darum geht es gar nicht. Es geht auch nicht darum, dass der Minister gelogen haben könnte.

Es geht darum, dass der Minister sein Ministerium nicht im Griff hat, dass er persönlich keine Verantwortung übernimmt, sondern einen mitgebrachten Subalternen in die Bresche und über die Klinge springen lässt, kurzum, dass er organisations- und charakterschwach ist.

Er bleibt im Amt, weil „die beste Regierung nach der Wiedervereinigung“ sonst endgültig am Ende wäre. Er bleibt aber auch im Amt, weil er – wie er selbst es ausgedrückt hat – endlich mal die Ernte seiner Bemühungen einfahren will.

Das ist, mit Verlaub, nur peinlich.

Zweites Beispiel: Die NSA-Affäre.

In diesem Zusammenhang wird von den derzeit Verantwortlichen und deren Anhängern immer wieder darauf verwiesen, dass die NSA seit Jahrzehnten (siehe Echelon etc.) mit vollem Wissen aller bisherigen Bundesregierungen alles abhört, was im Lande elektronisch kommuniziert wird, dass das also nicht Neues sei, und man sich deshalb nicht so (gemeint ist: künstlich) aufregen sollte.

Allein: Darum geht es gar nicht. Es geht auch nicht darum, dass die Regierung behauptet, wichtige Dinge von der NSA nicht zu wissen, weil die USA es geheim hielten.

Es geht darum, dass im heutigen Zeitalter der massiven privaten und geschäftlichen elektronischen Kommunikation über Internet, Smart Phones, Facebook, Google, Skype, Instagram etc. viele Leute die Nase voll haben von den jetzt nachgewiesenen totalen Schnüffeleien und Abspeicherungen durch fremde, nicht kontrollierte „Behörden“ im Ausland, speziell den USA und UK.

Es geht darum, dass die jetzige Regierung dagegen etwas tun soll, weil sie eingesetzt ist, um für das Volk, das sie eingesetzt hat, zu handeln.

Es geht also nicht darum, wer wann was gewusst hat, sondern darum, diese Sache zu bekämpfen und wenn möglich abzustellen, um schlicht und einfach dem Grundgesetz Genüge zu tun.

Ceterum censeo:

Die Bundeskanzlerin ist für dies alles verantwortlich.

Art. 65 Grundgesetz (GG) lautet:

Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung. Innerhalb dieser Richtlinien leitet jeder Bundesminister seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener Verantwortung. Über Meinungsverschiedenheiten zwischen den Bundesministern entscheidet die Bundesregierung. Der Bundeskanzler leitet ihre Geschäfte nach einer von der Bundesregierung beschlossenen und vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung.

Ein kleiner Rückblick

Juni 5, 2013

Heute konnte man einen Bundesverteidigungsminister erleben, der sich verärgert gab, verärgert darüber, dass „sein Laden“ ein Eigenleben führt und dabei Hunderte von Millionen Euros verplempert.

SPON schreibt heute:

„Die seit Tagen geplante Inszenierung vom verärgerten Minister, vom eigenen Haus über einen möglichen Schaden von einer halben Milliarde Euro bei einem seiner Rüstungsprojekt im Dunkeln gelassen, könnte dem engen Vertrauten der Kanzlerin gefährlich werden. Je mehr Fragen der routinierte Politiker beantwortete, desto deutlicher zeichnete er das Bild eines Ministeriums, das zwei Jahre nach Amtsantritt des Chefs offenkundig noch immer ein undurchsichtiges Eigenleben führt.

Die Stichworte für die brisante These, dass de Maizière seinen Laden nicht im Griff hat, lieferte er sonderbarerweise selbst. 2011 angetreten als Radikalreformer in der Schlangengrube Wehrressort, gab er nun zu, „dass ich das Haus nicht so organisiert habe, dass ich schneller informiert wurde“. Dass er selbst nicht mal nach dem „Euro Hawk“ fragte, immerhin eines der größten Projekte des Hauses, begründete er damit, dass er „genug zu tun hatte mit den bekannten Problemen“.

Für die Opposition war de Maizières Vorstellung eine Goldgrube für Attacken. Dem Minister nutzt es wenig, dass er gleich einen ganzen Katalog von Verbesserungen im eigenen Haus unterm Arm hatte. So will er ab sofort regelmäßig Statusberichte über alle Großprojekte auf den Tisch bekommen, diese sollen auch dem Parlament zugänglich gemacht werden. Seine politischen Gegner hingegen werden in den nächsten Tagen genüsslich vom ahnungslosen Minister schwadronieren können.“

(http://www.spiegel.de/politik/deutschland/de-maizieres-strategie-in-der-euro-hawk-affaere-ist-gefaehrlich-a-904020.html)

In der heutigen schnelllebigen Zeit wird auch schnell vergessen, was vor einem Jahr war.

Werfen wir einen Blick zurück in den Mai 2012.

SPON berichtete damals:

„Berlin – Der Bundestag hat kurz vor dem geplanten Start des Nato-Überwachungsprogramms „Alliance Ground Surveillance“ (AGS) den deutschen Beitrag für das Projekt nicht freigegeben. Am Mittwoch wurde ein Regierungsantrag für die Genehmigung des deutschen Budgetteils von 483 Millionen Euro an dem hauptsächlich durch unbemannteDrohnen gestützten System für die Militärallianz spontan von der Tagesordnung genommen. Verteidigungsminister Thomas de Maizière(CDU) kündigte kurz darauf im Verteidigungsausschuss an, er werde den Vertrag für AGS beim Nato-Gipfel in Chicago im Mai trotzdem unterschreiben, allerdings unter Vorbehalt.

Die Verweigerung ist für die Regierung unangenehm. Quasi in letzter Minute hatte sie in einem 17-seitigen Dossier für die schnelle Zustimmung der Haushälter geworben, da das gemeinsame Programm der Nato auf dem Gipfel in Chicago als Symbolprojekt gestartet und dementsprechend gefeiert werden sollte. 13 Länder teilen sich die rund 1,5 Milliarden, die für die Beschaffung von fünf Drohnen vom Typ „Global Hawk“ und Radartechnik am Boden erforderlich sind. Mit dem Programm will die Nato ihre unzureichenden Fähigkeiten bei der Beobachtung von Kriegs- und Krisengebieten und beim Erkennen von militärischen Zielen verbessern.

Aufregung hatte es im Haushaltsauschuss vor allem über die gestiegenen Kosten des Programms gegeben. SPIEGEL ONLINE hatte am Dienstag über das als geheim eingestufte Dossier der Regierung berichtet. Aus ihm geht hervor, dass das lange Hin und Her zusammen mit dem Ausstieg mehrerer Nationen aus dem Programm für Deutschland letztlich zu einer erheblichen Kostensteigerung führt. Statt der ursprünglich veranschlagten und vom Bundestag genehmigten 400 Millionen Euro, so der Regierungsantrag, soll Deutschland mittlerweile 483 Millionen zahlen.

Abgeordnete sprechen von „unglaublicher Sauerei“

Im Bundestag hatte auch die Art und Weise, wie die Regierung in dem Fall agiert hat, die Gemüter erregt. Erst Anfang der Woche bekam der Haushaltsauschuss einen Vertrag über die Beschaffung für das AGS-Programm vorgelegt. Das Konvolut ist auf Englisch verfasst und mehrere hundert Seiten lang. Einigen Parlamentariern platzte nach der Zustellung des Vertrags der Kragen, in Ausschusskreisen war von einer „unglaublichen Sauerei“ und stümperhaften Verhalten der Regierung die Rede. Jürgen Koppelin von der FDP formulierte es etwas diplomatischer: „Am Ende war man sich fraktionsübergreifend einig, dass man den Punkt von der Tagesordnung nimmt“.“

(http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundestag-billigt-etat-fuer-nato-drohnenprogramm-nicht-a-832288.html)

Das ist sicher spannend: Der Minister agierte damals selbstherrlich und mit einer Überrumpelungstaktik in Sachen Aufklärungsdrohnen (Global Hawk) am Parlament vorbei.

Heute, ein Jahr später, ist er von dem Drohnendebakel (Euro Hawk) vollkommen überrascht.

Die gute Führung eines Ressorts sieht sicher anders aus.

SPIEGEL Online berichtet heute über die eigenartigen Beschaffungspraktiken bei der Anschaffung von US-Drohnen:

Schon im Sommer 2009 schlugen Bundeswehr-Prüfer Alarm, dass es massive Probleme bei der Zulassung der Aufklärungsdrohne „Euro Hawk“ gebe. Das zeigen interne Dokumente der für die Prototypenprüfung zuständigen Abteilung beim Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), die dem SPIEGEL zugänglich gemacht wurden. Demnach flogen erstmals im Sommer 2009 Fachleute der Koblenzer Behörde nach Kalifornien, um den Bau der Drohne zu begutachten. Aus der Gruppe sei ein alarmierender Bericht nach Hause geschickt worden, heißt es. Bei der Ankunft sei das Fluggerät bereits vollständig fertiggestellt gewesen, weshalb herstellungsbegleitende Prüfungen unmöglich gewesen seien.

Northrop Grumman stellte den Beamten auch keine anerkannten Bauunterlagen zur Verfügung. Beim Test des Kraftstoffsystems wurde ihnen der Zutritt von der US Air Force verweigert. Wie die Unterlagen aus dem Beschaffungsamt nahelegen, waren die deutschen Prüfer möglicherweise gar nicht befugt, die Flugtauglichkeit der neuen Drohne zu bescheinigen. Dazu hätte Northrop Grumman die Beamten ausführlich über die technischen Details der Drohne aufklären müssen. Das soll nicht geschehen sein. Schon aus Selbstschutz weigerten sich die Beamten zunächst, die Prototypenprüfung fortzuführen. Denn bei Unfällen mit tödlichen Folgen hätte die ganze Verantwortung bei ihnen gelegen. In diesem Fall sei mindestens der Straftatbestand der fahrlässigen Tötung, wenn nicht sogar der des Totschlags erfüllt, heißt es aus dem Prüferkreis.

Damals war Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Verteidigungsminister. Für die zur vorläufigen Zulassung notwendigen Prüfungen fand sich schließlich ein Beamter, der dafür später befördert wurde. Die Unterschrift für die Prototypenprüfung soll nach SPIEGEL-Informationen ein Mitarbeiter geleistet haben, der zu diesem Zeitpunkt bereits in einer anderen Abteilung arbeitete.

Das Dienstsiegel soll er sich aus der alten Arbeitsstelle besorgt haben. Das BAAINBw wollte sich dazu auf Nachfrage des SPIEGEL mit Verweis auf die laufende Untersuchung der Vorgänge durch das Ministerium nicht äußern. Nach Informationen des SPIEGEL streitet sich das Ministerium mit dem US-Hersteller über die Frage, wer die Drohne fliegen darf. Bislang wird der im bayerischen Manching stationierte „Euro Hawk“ aus den USA gesteuert.

….

Trotz der Probleme beim „Euro Hawk“ warb de Maizière im Frühjahr 2012 massiv darum, dass sich Deutschland am AGS-Projekt der Nato beteiligt, bei dem ebenfalls Hawk-Drohnen angeschafft werden. Von den Problemen bei der Zulassung des „Euro Hawk“ war in der Vorlage jedoch keine Rede.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/euro-hawk-unregelmaessigkeiten-unter-minister-zu-guttenberg-a-901884.html

Was ist denn das?

Wenn ein Privatmann beim Autokauf so vorgehen würde, hätte er für einige Millionen ein Spezialauto, dessen Funktionen er nicht kennt, das nur der Verkäufer fahren darf und das in Deutschland vom TÜV für den Verkehr nicht zugelassen ist.

Bei allen Vorbehalten gegen den Bericht des Spiegel ist Eines  jetzt schon klar:

Angela Merkel trägt für den Schlamassel keine Verantwortung. Sie ist nämlich Bundeskanzlerin und schwebt somit über den Fragen des politischen Alltags.

Die Kanzlerin hat laut Gesetz zwar die Richtlinienkompetenz. Da es aber von ihr keine Richtlinien gibt, gibt es auch keine Kompetenz…und damit auch keine Verantwortung.

Klar?

opablog

Der Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land!

kosmologelei

über gott und die welt

seltsamewelt

Warum läuft hier auf der Welt alles so seltsam?

Seniors for a Democratic Society

"A decent provision for the poor is the true test of civilization." —Samuel Johnson

Wander Woman Thea

Taste, Travel, Tell

Zero Hedge

observing the world and talking about it

netzpolitik.org

observing the world and talking about it

Querschuesse

observing the world and talking about it